Strategisches Skillmanagement in der Versicherung

VonDr. Christoph Hartl,Dr. Oliver Laitenberger
Versicherungen, Point of View

In einer Zeit des rasanten technologischen Wandels, zunehmender Regulierungsanforderungen und sich ändernder Kundenbedürfnisse steht die Versicherungsbranche vor großen Herausforderungen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben und die Zukunftsfähigkeit zu sichern, ist ein strategisches Skillmanagement von entscheidender Bedeutung. Dieser Ansatz ermöglicht es Versicherungsunternehmen, die Fähigkeiten ihrer Mitarbeitenden gezielt zu entwickeln und an die Anforderungen der digitalen Transformation anzupassen.

Herausforderungen der Versicherungsbranche – Herausforderungen der Führungskräfte

Die Versicherungsbranche sieht sich mit einer Vielzahl von Veränderungen konfrontiert:

  • Die Notwendigkeit zur Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen führt zu grundlegenden Veränderungen der Mitarbeiterstrukturen in vielen Unternehmen
  • Innovative Produkte, neue Technologien und nicht zuletzt die Regulatorik erhöhen die Komplexität des Geschäfts und führen damit zu steigenden Kompetenzanforderungen für alle Mitarbeiter
  • Der Ausbau des Dienstleistungsangebots bei gleichzeitiger Reduktion der Wertschöpfungstiefe führt zu einer zunehmenden Spezialisierung der Anforderungsprofile in großen Teilen der Belegschaft
  • Die Notwendigkeit zur konsequenten Ausrichtung auf die Kundenbedürfnisse erfordert zunehmend kunden- und serviceorientierteKompetenzen – insbesondere in Vertrieb, Kundenservice und Schaden

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, müssen Versicherungen sicherstellen, dass ihre Mitarbeitenden über die notwendigen Fähigkeiten verfügen, um innovative Lösungen zu entwickeln und umzusetzen. Die Herausforderungen unserer Zeit sind primär People-Herausforderungen.

Für Führungskräfte stellen sich hierbei ganz konkrete Fragen: Wo und wann droht uns der Verlust von Kompetenzen? Sind wir mit unserem Personalkörper für die Zukunft richtig aufgestellt? Welche Qualifizierungsmaßnahmen müssen wir künftig angehen? Welche (Nach-)Besetzungsaufgaben haben wir?

Was ist der Lösungsbeitrag eines strategischen Skillmanagements?

Strategisches Skillmanagement umfasst die systematische Identifikation, Entwicklung und Steuerung von Kompetenzen innerhalb eines Unternehmens. Es geht über einfache Schulungsmaßnahmen hinaus und betrachtet Fähigkeiten als strategischen Wettbewerbsfaktor.

Eine integrierte – und bereichsübergreifende – Perspektive auf Skills und Kompetenzen ermöglicht den Versicherern, Leistung, Lernen und Entwicklung bedarfsgerecht zu steuern.

Skillmanagement liefert Antworten auf zentrale Fragestellungen der Führungskräfte durch …

  • Transparenz über die vorhandenen Skills & Kompetenzen in der aktuellen Organisation
  • Aufzeigen des Bedarfs inkl. der Erkennung von bestehenden oder zukünftigen Über- und Unterdeckungen
  • Unterstützung der systematischen Entwicklung und Gewinnung von relevanten Skills und Kompetenzen
  • Skill-basierte Karriereplanung – der richtige Mitarbeiter zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle
  • Verbesserung Sourcingplanung und -entscheidung im Hinblick auf Zukauf von externen Kapazitäten bzw. Skills (int/ext. Sourcingmix)

 

Handlungsfelder bei der Implementierung eines strategischen Skillmanagements in Versicherungen

Abbildung: Handlungsfelder bei der Einführung eines strategischen Skillmanagements
Handlungsfelder bei der Einführung eines strategischen Skillmanagements

Skillmanagement gilt es gezielt auf Business-Schwerpunkte hin ausrichten. Hierzu ist es notwendig, sich inhaltlich mit verändernden strategischen Schwerpunktsetzungen auseinanderzusetzen und den Fachbereichen auch auf Augenhöhe zu begegnen. Eine formalisierte Analyse der Einflussfaktoren des künftigen Skillbedarfs erfolgt z.B. mithilfe von Business-Szenarien. Gleichzeitig sind auch originäre People-Druckpunkte zu adressieren. Hier müssen die Schwerpunktsetzungen vor Start der Aktivitäten also klar sein!

 

Konzeptionelle Rahmenvorgaben für Rollen-, Kompetenz-, Skillmodelle gilt es in der Grundstruktur überschaubar zu halten. Unsere Erfahrungen zeigen, dass notwendige inhaltliche Individualität bei der Anwendung auf einzelne Bereiche zugelassen werden kann und trotzdem unternehmensweite Vergleichbarkeit über Inhaltskategorien sicherstellt bleibt. Rahmenvorgaben für Skilltaxonomie sollten in jedem Falle handhabbar bleiben!

 

Überlegungen zum Skillmanagement treffen in jedem Falle auf ein Set an Instrumenten, mit denen People-Bereiche bislang den Personalkörper gesteuert haben. Vieles soll oder muss erhalten bleiben, ist mit Personalvertretungsgremien entsprechend fixiert. Dies zu erkennen und Schnittstellen bzw. Andockfähigkeit zu gewährleisten ist wesentlich für die spätere Umsetzbarkeit.

 

Für die konkrete fachliche Ausgestaltung bedarf es der Einbindung der Fachbereiche und zwar sowohl bei der Überarbeitung/Neu-Definition der Rollen- und Skillprofile als auch bei der nachgelagerten konkreten Zuordnung von Mitarbeitenden. In unseren Projekt-Settings kombinieren wir daher konsequent Methodenverständnis mit fachlicher Standfestigkeit, um strategische Passung und Vollständigkeit der Skillanforderungen kritisch hinterfragen zu können und operative Entlastung zu schaffen.

 

Aus dem initialen Aufsetzen gilt es, in einen anwendungsorientierten Umgang zu kommen. Jetzt zählt es, schnelle Use-Cases und Personalentwicklung nach der Einführung eines Skillmanagements auch mit zeitlichem Weitblick anzugehen, um bei künftigen Herausforderungen „richtig aufgestellt“ zu sein. Gap-Analysen und Ableitung L&D-Initiativen sind erste überschaubar komplexe Schritte auf dem Weg in eine quantitative und qualitative strategische Personalplanung.

 

Den Aufbau des Skillmanagement gestalten wir mit unseren Kunden häufig als Einstieg in ein datengetriebenes HR-Verständnis. Hierbei steht um Fokus, Daten zu generieren und Ist-Zustände in abgrenzbaren Datenformaten erheben, aber auch natürlich erste Erkenntnisse aus den Daten zu gewinnen. IT-Architektonische Gegebenheiten spielen dabei ebenso eine Rolle wie die Frage nach einem zentralen Skillmanagement-Tool. Bereits beim Aufbau des Skillmanagements gilt es daher, die spätere Datennutzung vordenken und konsequent zu entwickeln!

Best Practices aus unserer Projekterfahrung für die Implementierung

Skillmanagement darf kein Selbstzweck werden! Wir müssen im Kopf des Kunden (=Fachbereich), denken und einen gemeinsamen Blick auf die Erfordernisse und Handlungsbedarfe entwickeln. Wesentliche Erfolgsfaktoren sind hierbei klarer Mehrwert für die Fachbereiche, schnelle Ergebnisse statt langer Konzeptphase sowie ein minimalinvasiver Ansatz, der weitestgehende Anschlussfähigkeit an bestehende Instrumente absichert. Technologische Unterstützung durch Tools wie Learning-Management-Systeme (LMS) oder KI-gestützte Skill-Analysetools können den Prozess effizient gestalten.

Berücksichtigung zentraler Erfolgsfaktoren im Vorgehensmodell
Berücksichtigung zentraler Erfolgsfaktoren im Vorgehensmodell

Fazit

Strategisches Skillmanagement ist kein „nice-to-have“, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor für Versicherungen im 21. Jahrhundert. Es ermöglicht Unternehmen, den technologischen Wandel aktiv mitzugestalten, Kundenbedürfnisse zu erfüllen und den steigenden Wettbewerbsdruck zu bewältigen. Versicherer, die in die gezielte Entwicklung ihrer Mitarbeitenden investieren, sichern nicht nur ihre Marktposition, sondern gestalten die Zukunft der Branche aktiv mit.

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