Principle Adverse Impact (PAI) Statements auf Unternehmensebene – kurz erklärt
Hintergrund
Die auch als Offenlegungsverordnung bezeichnete Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) ist Teil des EU Action Plan on Financing Sustainable Growth und des EU Sustainable Finance Frameworks. Sie verfolgt zusammen mit anderen Verordnungen und Direktiven das Ziel der EU, private Investitionen und Nachhaltigkeit miteinander zu verbinden (siehe auch: Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) – Kurz erklärt).
Finanzdienstleister im Anwendungsbereich der SFDR mit mehr als 500 Mitarbeitern müssen auf ihrer Internetseite eine „Erklärung zu den wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren“ (Principal Adverse Impact – PAI) veröffentlichen.
Diese Erklärung dient der Transparenz über die nachteiligen Auswirkungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren. Für Unternehmen mit bis zu 500 Mitarbeitern besteht weiterhin ein Wahlrecht. Die erstmalige Veröffentlichung erfolgte zum 30.06.2023 für das Geschäftsjahr 2022, seitdem ist eine jährliche Aktualisierung erforderlich.
DERZEITIGE ANFORDERUNGEN AN DIE PAI-ERKLÄRUNG AUF UNTERNEHMENSEBENE
Die Anforderungen ergeben sich aus Artikel 4 der SFDR (Verordnung (EU) 2019/2088) und Artikel 4 bis 10 der RTS (technische Regulierungsstandards, Verordnung (EU) 2022/1288). Insbesondere müssen die Struktur und die Vorgaben aus Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 eingehalten werden. Angaben zu nachteiligen Auswirkungen bezogen auf vorgegebene Nachhaltigkeitsindikatoren sind in tabellarischer Form darzustellen.
Beispiele sind Informationen zu Treibhausgasemissionen (etwa Emissionen in Tonnen CO2-Äquivalente oder als Intensität bezogen auf den Umsatz) oder Informationen zu Biodiversität, Wasserverbrauch, Abfallmanagement und über Soziales und Beschäftigung. Die Darstellung erfolgt in aggregierter Form für alle Unternehmen, in die investiert wird. Zusätzlich zu den Werten für das Berichtsjahr und das Vorjahr (in der ersten Veröffentlichung entfallen Zahlen zum Vorjahr) sind Informationen über “Ergriffene und geplante Maßnahmen und Ziele für den nächsten Bezugszeitraum” zu veröffentlichen.
Ergänzend sind die Strategien zur Feststellung und Gewichtung der wichtigsten nachteiligen Auswirkungen von Investitionsentscheidungen auf Nachhaltigkeitsfaktoren, die Mitwirkungspolitik (Engagement Policies) und Angaben zur Bezugnahme auf international anerkannte Standards zu beschreiben.
UNTERSUCHUNG AUSGEWÄHLTER
PAI-ERKLÄRUNGEN UND ERSTE ERKENNTNISSE
Aus Anlass der erstmaligen Veröffentlichung von PAI-Erklärungen auf Unternehmensebene zum 30.06.2023 untersuchte Horn & Company die Erklärungen von unterschiedlichsten Finanzdienstleistern aus der EU, der Schweiz sowie Liechtenstein. Beispiele finden sich in der nachfolgenden Übersicht:
Da es sich um die erstmaligen Erklärungen handelt, werden noch keine historischen Vergleichswerte ausgewiesen. Trends oder Angaben zur Wirksamkeit von ergriffenen Maßnahmen innerhalb eines Instituts können zum jetzigen Zeitpunkt somit noch nicht beobachtet werden.
Erste Erkenntnisse:
- Im Vergleich zwischen den verschiedenen Erklärungen fallen Unterschiede beim Detaillierungsgrad auf. Dies kann ein Hinweis auf die unterschiedlichen Erfahrungslevel der jeweiligen Finanzdienstleister sein, etwa in Bezug auf die Integration von ESG bzw. den spezifischen PAIs in den Investment- und Anlageprozess oder der Gestaltung von nachhaltigen Finanzprodukten.
- Übergreifend wird deutlich, dass die Datenverfügbarkeit weiterhin eine Herausforderung darstellt. Dies gilt auch für Institute, die Daten von mehreren Datenprovidern beziehen. Während Daten betreffend CO2-Emissionen gut verfügbar scheinen (mit teils über 90 % Datenverfügbarkeit für die Unternehmen, in die investiert wird), gehören „8. Emission in Wasser“, „9. Anteil gefährlicher und radioaktiver Abfälle“ oder „12. Unbereinigtes geschlechtsspezifisches Verdienstgefälle“ zu den Nachhaltigkeitsfaktoren mit der schlechtesten Datenverfügbarkeit. Die Verfügbarkeit beträgt teilweise weniger als 10 %.
- Ebenso ist eine Zurückhaltung zu beobachten, mehr als die geforderten Informationen zu liefern. Aus den Tabellen 2 und 3 im Anhang I der Verordnung (EU) 2022/1288 müssen die berichtenden Finanzdienstleister jeweils mindestens einen weiteren Nachhaltigkeitsfaktor auswählen. Nur wenige der untersuchten Finanzdienstleister gehen über die Mindestanforderung hinaus.
HERAUSFORDERUNGEN & CHANCEN
Die Herausforderungen der SFDR für Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater bleiben hoch. Dies bezieht sich derzeit zuallererst auf die Frage, ob und in welcher Form die PAI Erklärungen auf Unternehmenseben fortbestehen werden.
Im Dezember 2023 haben die ESAs (European Supervisory Authorities) ihren Report mit Anpassungsvorschlägen für die RTS (Level 2) vorgelegt. Bisher haben diese jedoch noch nicht zu Anpassungen geführt. Ein möglicher Grund dafür ist, dass bis Mitte Dezember 2023 die EU Kommission die „Targeted consultation on the implementation of the SFDR“ durchführte, bezogen auf Level 1. Ziel der Konsultation ist es die Anwendbarkeit und Geeignetheit der SFDR insgesamt zu überprüfen.
Insoweit erscheint es sinnvoll, wenn Anpassungen an Level 1 und 2 zeitlich Hand in Hand gehen. Zum jetzigen Zeitpunkt, im Mai 2024, hat die Kommission jedoch erst eine Zusammenfassung der Rückmeldungen veröffentlich. Informationen über mögliche Anpassungen an Level 1 und 2 müssen insoweit abgewartet werden.
Angenommen die Anforderungen an Struktur und Inhalt der PAI Statements auf Unternehmenseben bleiben im Wesentlichen unverändert, bestehen weiterhin Herausforderungen hinsichtlich Datenverfügbarkeit und Datenqualität. Diese werden sich im Zeitablauf verbessern, sobald Unternehmen gemäß EU CSRD oder IFRS ISSB berichten. Auch wenn Unternehmen nach CSRD lediglich über die Nachhaltigkeitsthemen berichten müssen, die für sie materiell sind, werden sich bestehende Datenlücken schließen, da heute grundsätzlich auch die Information fehlt, ob ein Thema wie „Biodiversität“ für ein Unternehmen materiell ist oder nicht.
Noch bedeutsamer erscheint, dass ab dem zweiten und jedem zukünftigen Bericht ein quantitativer und qualitativer Vergleich mit dem Vorjahr des jeweiligen Finanzdienstleisters möglich wird. Im Abschnitt „Historischer Vergleich“ ist sogar auf die Entwicklung über die letzten fünf vorangegangenen Zeiträume einzugehen.
Mögliche Schwachstellen – hinsichtlich „Steuerung“ auf Basis von Nachhaltigkeitsfaktoren – in der eigenen Methode zur ESG-Beurteilung von Unternehmen und Staaten oder in den eigenen Anlagestrategien könnten dann erkennbar werden. Anschließend könnten sie von Kunden oder anderen Stakeholdern kritisch hinterfragt werden. Spätestens dann werden die Finanzdienstleister liefern müssen, um ihre Reputation nicht zu beeinträchtigen.
UNSERE EXPERTISE
Horn & Company unterstützt Finanzdienstleister bei allen SFDR-Anforderungen: von der Integration von ESG in den Investitionsentscheidungsprozess, über die Anpassung von Anlagestrategien, die Identifikation von nachteiligen Nachhaltigkeitsauswirkungen bis hin zur Offenlegung. Darüber hinaus begleiten wir unsere Kunden bei der wirksamen Umsetzung ihrer Nachhaltigkeitsambitionen von der Strategie bis hin zu operativen Maßnahmen.